An das
Austrian Standards Institut
z.H. DIin (FH) Dagmar Schermann, MSc
Heinestraße 38
1020 Wien
per Email: d.schermann@austrian-standards.at
Betrifft: Stellungnahme zum ÖNORM-Entwurf A 1080:2014-02-15 (Richtlinien für die Textgestaltung)
Sehr geehrte Frau DIin Schermann, sehr geehrte Damen und Herren!
Der gemeinnützige Verein Netzwerk Geschlechterforschung fördert die zivilgesellschaftliche Verankerung der Geschlechterforschung. Er bezweckt u. a. die Verbreitung der Ergebnisse geschlechtsspezifischer Forschung sowie die Förderung der Kommunikation zwischen Geschlechterforscherinnen und Geschlechterforschern auf der einen Seite und staatlichen und
zivilgesellschaftlichen Akteurinnen/Akteuren und Organisationen, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, auf der anderen Seite.
Gleichzeitig ist es uns aber natürlich auch der Transfer geschlechtsspezifischer Forschungsergebnisse und die Sensibilisierung von Akteurinnen/Akteuren und Organisationen, die sich (noch) nicht für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, ein Anliegen. In diesem Sinne beziehen wir zur oben angeführten ÖNORM Position. Wir schließen uns hier den vom Verband österreichischer Juristinnen formulierten Punkten vollinhaltlich an, möchten aber folgenden Aspekt vorausschicken:
Bei der Veröffentlichung von Richtlinien zur Textgestaltung, die sich in erster Linie mit formalen Aspekten befassen, ergibt sich aus unserer Sicht nicht zwingend die Notwendigkeit, auch sprachlichen Ausdruck, darüber hinaus ausschließlich auf den Aspekt der „Geschlechtsneutralität“ bezogen, zu berücksichtigen. Es ist für uns nicht transparent nachvollziehbar, warum dieser Aspekt in den Entwurf integriert wurde und wir würden eine Offenlegung der dahinterliegenden Motivation sehr begrüßen.
Denn: „Normen schaffen Sicherheit und geben Vertrauen. Ob in der Arbeitswelt, der Wirtschaft, in der Freizeit oder zu Hause – die Menschen müssen sich auf allgemein anerkannte und geprüfte Standards verlassen können.“ kann man auf der Website www.austrian-standards.at lesen. Auf eine ÖNORM, die die gelebte Wirklichkeit des aktiven Sprachgebrauchs in Hinblick auf geschlechtergerechtes Formulieren negiert, zahlreiche einfach zugängliche und leicht verständliche Leitfäden zum geschlechtergerechten Formulieren sowie gesetzliche Grundlagen (siehe unten) ignoriert und offenbar in der Absicht verfasst wurde, einen sich bereits vollziehenden Wandel von Sprache zu stoppen, trifft dies jedoch keinesfalls zu.
Eine geschlechtergerechte Sprache ist neben zahlreichen anderen notwendigen Maßnahmen ein wesentliches Instrument zur Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Möglichkeit, zum aus Gleichstellungsperspektive wichtigen ÖNORM-Entwurf A-1080 eine Stellungnahme abzugeben ist daher zu begrüßen. Jedoch muss der intransparente und vor allem im technischen Sinn wenig benutzerInnenfreundliche Ablauf des Stellungnahmeverfahrens kritisiert werden. Aus demokratiepolitischen Gründen ist eine grundsätzliche Überarbeitung der Partizipationsmöglichkeiten bei der Entwicklung von Normen anzudenken.
Bevor auf die einzelnen Punkte des og. Entwurfs eingegangen wird, ist grundsätzlich anzumerken, dass der im Entwurf an mehreren Stellen erfolgte Vorschlag, die männliche Formulierung für die Bezeichnung aller Geschlechter als „allgemeingültige Form“ zu verwenden, abzulehnen ist. Die dadurch erfolgte – nicht neue, aber definitiv mit der modernen Realität nicht mehr konforme – Konstruktion von „männlich“ als Norm (