Innsbruck, den 22. Februar 2016

Offener Brief

Schwere Menschenrechtsverletzungen durch den türkischen Staat an der kurdischen Bevölkerung

Wir, die „Frauenvernetzungsgruppe für Begegnung und Austausch“, haben uns vor zwei Jahren in Tirol zusammengefunden. Diese Initiative besteht aus Frauen unterschiedlicher Einrichtungen (z.B. Sozialberatungs- sowie Frauenberatungsstellen, Parteien, Gewerkschaften, …) sowie aus Frauen der christlichen Frauenbewegung, der autonomen Frauenbewegung und aus migrantischen Frauengruppen und kurdischen Aktivistinnen.
Nach den Novemberwahlen in der Türkei wurde erwartet, dass sich die Lebenssituation der Kurdinnen und Kurden in der Türkei verbessern würde. Das Gegenteil ist eingetroffen. Es hat eine dramatische Verschlechterung der Menschenrechtssituation stattgefunden.

  • Seit August 2015 werden kurdisch besiedelte Städte in der Türkei von türkischen Polizisten und Spezialeinheiten der Armee belagert.
  • Demokratisch gewählte BürgermeisterInnen und Abgeordnete der HDP in mehrheitlich kurdischen Städten wurden in den letzten Monaten inhaftiert.
    enschenrechtsorganisationen zu Folge sind bislang 224 ZivilistInnen, darunter viele Kinder, getötet worden.
  • Menschen werden auf offener Straße von Scharfschützen erschossen oder bei Bombardierungen ihrer Häuser ermordet.
  • In der kurdischen Stadt Cizre geht der türkische Staat mit größter Härte und exzessiver Gewalt gegen RebellInnen und ZivilistInnen vor. In dieser Stadt herrscht seit über zwei Monaten Ausgangssperre.
  • Amnesty International wirft der türkischen Armee exzessive Gewalt vor. Es gibt keinen Zugang zu Nahrung, Wasser, Strom und Medizin. Außerdem wurden massive Zerstörungen der Stadt gemeldet.
  • 60 ZivilistInnen sind 18 Tage in einem Keller festgesessen. Diese ZivilistInnen wurden inzwischen mit Gas ermordet. Andere wurden in ihren Kellern verbrannt und getötet.

Die internationale Staatengemeinschaft, die Europäische Union und insbesondere auch Deutschland und Österreich ignorieren diese Gräueltaten. Wir dürfen nicht zulassen, dass der türkische Staat weitere Massaker, Gewalt gegen Frauen und Frauenmorde, willkürliche Hinrichtungen und Menschenrechtsverletzungen verübt.
Da der türkische Staat EU-Beitrittskandidat ist, wird diese Regierung in vielen europäischen Ländern als demokratischer und rechtsstaatlicher Verbündeter gesehen, sodass diese Taten ignoriert und still aber doch toleriert werden.

Wir fordern:

• Die Entsendung von Beobachter- und Menschenrechtsdelegationen in die vom türkischen Militär belagerten Städte (Cizre, Silopi, etc.).

• Es darf keine weitere finanzielle Unterstützung an den türkischen Staat erfolgen.

• Die Kriegspolitik der Türkei darf nicht durch 3 Mrd. Euro aus dem EU-Flüchtlingsfonds gefördert werden.

Wir erwarten von Ihnen und allen politisch Verantwortlichen den persönlichen Einsatz für eine aktive Friedenspolitik in der Türkei!

Wir erwarten,

  • dass Sie sich für die Menschenrechte in der Türkei einsetzen!
  • dass Sie sich für die Beendigung des Krieges gegen die kurdische Bevölkerung einsetzen!
  • dass auf die türkische Regierung dementsprechend Druck ausgeübt wird!
  • dass die dramatische Flüchtlingssituation nicht für türkisch-innerstaatliche Machtausübung gegen die kurdische Minderheit missbraucht wird.

Mit freundlichen Grüßen,
Die Teilnehmerinnen der Frauenvernetzungsgruppe für Begegnung und Austausch

Frauenvernetzungsgruppe für Begegnung und Austausch, c/o Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft – AEP, Schöpfstraße 19, Innsbruck (Kontakt: office@aep.at / www.aep.at).

Beteiligte Organisationen, Initiativen, Vereine: u.a.